(librikon) Das Set
„Spaß mit Hieroglyphen“ ist eigentlich ein Beiheft und eine
Stempelsammlung zusammen, und sollte es geplant sein, dass nur das
Stempeln für das Kind ein Erlebnis ist, ist man hier falsch: Das Beiheft
könnte gut und gern für sich stehen; inhaltsreich, verständlich und
durchdacht illustriert: Ein kleines Wunderding.
Darin wird das
Hieroglyphen-Alphabet und dessen Anordnung erklärt, dazu, wie die alten
Ägypter gezählt haben, was für Schreibstile es gab, einiges zur
Geschichte der Entdeckung der Hieroglyphen. Nie überfordernd! So macht
es Spaß, sich intensiv mit Hieroglyphen zu beschäftigen – und danach
sich ein Papier zu nehmen und draufloszustempeln. Richtige Botschaften,
die sich entziffern lassen; und nichts daran erinnert an diese billigen
Gimmicks, die auf Kinderzeitschriften kleben. Und nichts erinnert an
diese Lernspiele, mit denen die überforderten Schüler an ihren kurzen
Nachmittagen nun allerorten malträtiert werden. „Spaß mit Hieroglyphen“
will nichts erreichen, außer qualitätsvoll zu sein und damit zu
überzeugen. Es wurde vom Metropolitan Museum of Modern Art
herausgegeben, dann ins Deutsche übersetzt, und es hat diese chice
Ästhetik der guten Museumsläden. Es stimmt einfach alles.
(ab 9)
Ein geeigneter
Einstieg in die Welt der alten Ägypter
Rosa Naumanns "Der
Gehilfe des Mumienmachers"
Von Alexandra Küffer
Rosa
Naumann:
Der Gehilfe des
Mumienmachers
Rowohlt 2007
240 S., Euro 9,90
ISBN: 978-3499213908
Wenn im Titel eines Buches das Wort
„Mumie“ auftaucht, ist ihm das Interesse der Leser schon fast sicher.
Mumien gelten zusammen mit Tutanchamun und den Pyramiden von Giza
mittlerweile als Synonym für Ägypten schlechthin. Und dies nicht ganz zu
Unrecht, gehört doch das Phänomen der Mumifizierung zu den
faszinierendsten Merkmalen der altägyptischen Kultur.
Rosa Naumann legt mit „Der Gehilfe
des Mumienmachers“ einen historischen Jugendroman rund um die Themen
Mumien, Mumifizierung und Grabraub vor - allesamt dankbare Sujets, die
einen idealen Ausgangspunkt für eine spannende Reise ins alte Ägypten
bilden. Der Roman spielt zur Zeit des Pharaos Sethos I. (um 1290 – 1279
v.Chr. gemäss Lexikon der Pharaonen), dem Vater des berühmten Ramses II.
Der junge Ayat wird von seiner Heimatstadt Tyros nach Luxor verschleppt,
wo man ihn dem Mumienmacher Wah als Gehilfen zuteilt. Trotz seiner
Gefangenschaft findet Ayat Gefallen an der anspruchsvollen Arbeit der
Balsamierer und beginnt, sich auch für die komplexen Rituale und
Jenseitsvorstellungen der Ägypter zu interessieren. Als Ayat jedoch
herausfindet, dass Wah der Anführer eines Grabräuberrings ist, der die
wertvollen Beigaben der Mumien stiehlt, gerät er in Gefahr und soll zum
Schweigen gebracht werden.
Geschickt verbindet Naumann
geschichtliche Fakten mit erzählerischer Fiktion. So sind unter Sethos
I. mehrere Expeditionen nach Palästina und Kanaan belegt, welche der
Sicherung der Handelswege und der Beschaffung von Sklaven dienten; auf
einer topographischen Liste wird u.a auch die Küstenstadt Tyros erwähnt.
Auch Grabräubereien waren, wie im Roman geschildert, ein
weitverbreitetes Übel; dramatische Ausmasse nahmen die Plünderungen in
der thebanischen Nekropole jedoch vor allem am Ende des Neuen Reiches
(rund 200 Jahre nach Sethos I.) an. Die Benutzung von altägyptischen
Namen und Bezeichnungen, wie etwa „Waset“ für das altägyptische Luxor,
ist zu Beginn der Lektüre vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, trägt
jedoch zur Atmosphäre des Buches bei.
Breiten Raum nehmen die Schilderungen
der Arbeit von Ayat in der Balsamierungsstätte ein. Besonders
anschaulich beschreibt Naumann, wie dieser sich zunächst vor den
Leichnamen ekelt und auch fürchtet; schon bald ist aber sein Interesse
geweckt und er möchte alles über die Heil- und Mumifizierungskunst
erfahren. Die Fragen Ayats an seine Arbeitskollegen und deren Antworten
bieten der Autorin eine gute Möglichkeit, auch die Leser in die
Geheimnisse der Balsamierung einzuweihen. So erfahren sie, dass eine
Person im Jenseits nur weiterleben konnte, wenn ihr Körper vollständig
erhalten blieb, und dass deshalb in Ägypten die künstliche Mumifizierung
entwickelt wurde, bei der in einem 70 Tage dauernden Prozess die
Verwesung des Leichnams mit einer aufwendigen Behandlung unterbunden
werden sollte. Die drei Arten der Mumifizierung (von sehr aufwendig bis
summarisch), wie sie der griechische Historiker Herodot um 450 v. Chr.
überliefert hat, werden ausführlich beschrieben. Dabei wird auch
deutlich, dass sich ausschließlich wohlhabende und hochgestellte
Persönlichkeiten die kostspieligste Behandlung leisten konnten. Nur am
Rand vermerkt sei, dass das Waschen des Leichnams und die Entnahme der
Organe wohl nicht auf Holztischen, sondern auf steinernen Tischen
durchgeführt wurde, die einfacher zu reinigen waren. Und wenn gegen Ende
des Buches der junge Held in ein Grab eingesperrt wird und dort in eine
Fallgrube stürzt, so entspricht dies eher einem heute beliebten
Filmmotiv, als der Realität vor 3000 Jahren.
Das Glossar mit den Worterklärungen
am Ende des Buches ist zum Nachschlagen ägyptischer Bezeichnungen und
Götternamen hilfreich, weist aber kleinere Ungenauigkeiten auf, z.B.
galt nicht Chnum, sondern Ptah als Gott der Handwerker und Arbeiter und
der Begriff „Ort der Wahrheit“ bezeichnet nicht spezifisch das
Giza-Plateau, sondern wird gerade im Neuen Reich vorwiegend für die
Grabbauten im Tal der Könige benutzt. Auch im Kapitel „Zum
geschichtlichen Hintergrund“ sind einige chronologische Daten nicht ganz
präzis wiedergegeben: So haben die Hyksos nicht 200 Jahre über
Unterägypten geherrscht, sondern rund 100 Jahre (die eigentliche
Hyksos-Dynastie, die 15. Dynastie, herrschte von 1630 – 1522 v.Chr.). Im
selben Kapitel wird erklärt, dass Ayats Geschichte zur Zeit von Sethos
I. spielt; der Text auf dem Buchumschlag nennt dazu das Jahr 1270 v.Chr.
König Sethos I. hat jedoch nur bis 1279 v.Chr. regiert. Im Jahr 1270
v.Chr. war sein Nachfolger Ramses II. schon seit 9 Jahren an der Macht.
Auch die Jahresangabe des Friedensvertrages Ramses’ II. mit den
Hethitern ist mit 1284 v.Chr. nicht korrekt wiedergegeben. Damit wäre ja
der Vertrag in die Herrschaft von Sethos I. gefallen. Er wurde aber
nachweislich im 21. Regierungszeit Ramses’ II. geschlossen, also etwa um
1259/58 v.Chr.
Insgesamt ist der flüssig
geschriebene und gut zu lesende Roman aber ein gelungenes Lesevergnügen
und bietet gerade für ein jüngeres Publikum einen geeigneten Einstieg in
die Welt der alten Ägypter. Mögen die spannenden Abenteuer des jungen
Ayat die Leser dazu ermuntern, noch mehr über das Land der Pharaonen zu
erfahren.
Die Rezensentin
ist Ägyptologin, Chefredakteurin von niletimes.ch und Co-Leiterin des
Museums für Völkerkunde Burgdorf / CH tätig.
Ein
Buch, dessen Idee aufgeht
Berndt
Schulz:
Das Geheimnis des Falkengottes
Arena 2007
165 S., Euro 9,95
ISBN: 978-3401061795
(librikon) Abenteuer,
ferne Länder, frühere Zeiten, Macht, Intrigen und faire Kämpfe: Jungs
und Mädchen (die ohne Träume in Ballerinenrosa) kommen in „Das Geheimnis
des Falkengottes. Ein Kriminalroman aus dem alten Ägypten“ voll auf ihre
Kosten. Drei Freunde, die zusammenhalten wie Pech und Schwefel, nehmen
jede Herausforderung an. Sie müssen sogar die Stirn haben, sich den
Mächtigsten in den Weg zu stellen. Wie sie das tun, hat Charme und
verbreitet Lesefreude. Ein Buch, dessen Idee aufgeht: Für Leser, die
noch ein bisschen mehr lesen sollen, für Wissenshungrige, die eine
versunkene Welt kennenlernen wollen, für Kinderkrimifans. (Ab 10)