Traudi Reich: „Die
Reise zu den Sternen – Sagen und Mythen der Sternbilder“
Von Anne Spitzner
Pavlos
lebt mit seiner Familie in Griechenland. Er ist ein sehr neugieriger
Junge und hat zum Glück einen klugen und geduldigen Großvater. Einmal
erzählt ihm der Großvater, dass man an einem ganz bestimmten Winterabend
auf einem Mondstrahl in den Himmel hinaufsteigen kann, und daraufhin
will Pavlos alles über die Sternbilder am Himmel wissen.
Das Sach-Geschichtenbuch „Die Reise
zu den Sternen“ von Traudi Reich spielt sich sozusagen auf zwei Ebenen
ab. Die eine ist die Geschichte von Pavlos, die weitaus mehr ist als ein
bloßer Rahmen für Wissen über die Sternbilder, und die andere sind eben
jene Sagen und Mythen, nach denen die Sternbilder benannt sind.
Zunächst einmal zur Geschichte von
Pavlos. In der steckt eine ganze Menge drin, auch, wenn sie manchmal ein
bisschen unbeholfen daherkommt – wie das eben so ist, wenn man sehr viel
Wissen in eine Geschichte packen will, dann muss man sich als Autor eben
sehr oft solcher Kniffe bedienen wie „Zeig mir doch noch einmal das“
etc., und das macht bei großer Häufung das Lesen natürlich etwas
holpriger als eine rein erzählte Geschichte. Dennoch hat Reich in ihrer
Geschichte eine ganze Menge an narrativem Potenzial versteckt, und sie
ist deutlich mehr als nur Beiwerk zu Sternenwissen. Als Beispiel sei
hier der alte Gelehrte Stefanides genannt, den Pavlos kennenlernt, kurz
nachdem er angefangen hat, sich für die Sterne zu interessieren.
Stefanides wohnt in einem Haus voller Bücher unten im Dorf (Pavlos und
seine Familie leben weiter oben auf dem Berg), und Pavlos‘ Großvater
Nikolaos war sein Schüler, schaffte es jedoch nie, auf eine richtige
Schule zu gehen. Kurz, nachdem Pavlos zum ersten Mal bei ihm war, wird
Stefanides krank und stirbt. Pavlos setzt sich in der Folge mit seinem
Tod auseinander und vermutet ihn oben bei den Sternen.
Das Griechenland, in dem Pavlos lebt,
ist übrigens weder das antike noch das heutige Griechenland. Zwar ist in
Bezug auf die Sternbilder immer wieder die Rede von „damals“ oder
„früher“, aber gleichzeitig wirkt es nicht modern. So gibt es zum
Beispiel noch kein Telefon. Als Pavlos‘ Großvater krank wird, muss der
Doktor im Dorf zu Fuß benachrichtigt werden. Auch das Bildungswesen
macht eher den Eindruck, als wäre Pavlos‘ Geschichte schon ein bisschen
her, denn Schulen gibt es hier sehr selten und es ist etwas Besonderes,
eine zu besuchen.
Während der ganzen Zeit, in der er
von seinem Großvater über die Sternbilder unterrichtet wird, glaubt
Pavlos daran, dass es ihm tatsächlich möglich sein wird, in einer ganz
bestimmten Winternacht – das Datum hat ihm Stefanides noch vor seinem
Tod verraten – auf einem Mondstrahl in den Himmel hinaufzusteigen. Als
es dann Wirklichkeit wird, vermengt sich das viele Wissen, das man
während der Lektüre des Buches angehäuft hat, mit einer fantastischen
Reise durch die Milchstraße. Ein großartiges Finale!
Für mich als „Fan“ antiker Mythologie
kamen die griechischen Sagen zwar ein bisschen zu kurz – oft sind sie
wirklich in allerknappster Form in nur zwei, drei Sätzen erzählt – aber
natürlich geht es in diesem Buch ja auch in allererster Linie um die
Sterne und nur darum, wie die Sternbilder zu ihren Namen kamen.
Klasse bebildert ist „Die Reise zu
den Sternen“ übrigens von Cathleen Wolter. Sie hat den Sternbildern
richtig Leben eingehaucht, ohne dass dabei ihr „eigentliches Aussehen“
verlorengeht. Auch Pavlos und sein Großvater sehen auf den milden,
weichen Zeichnungen fast ein bisschen wie Sternbilder aus.
Zusammengefasst erzählt dieses Buch
eine schöne Geschichte über einen neugierigen Jungen, randvoll gefüllt
mit Wissen über den Sternenhimmel. Für Hobby-Astronomen und solche, die
es werden wollen, ob groß oder klein, absolut empfehlenswert!
Traudi Reich:
„Die Reise zu den Sternen – Sagen und
Mythen der Sternbilder“
Mit Bildern von Cathleen Wolter
G & G Kinder- u. Jugendbuch 2013
ISBN 978-3701721306
128 Seiten, Euro 18,90
Trägt
sein Thema zum Leser!
"Mein erstes Kosmos-Himmelsjahr"
Susanne
Dambeck, Thorsten Dambeck:
„Mein erstes Kosmos Himmelsjahr: Sonne, Mond und Sterne im Jahreslauf“
Kosmos Verlag 2009
59
Seiten, Euro 6,95
ISBN 978-3440117651
(librikon) Der Blick
hinauf zu den Sternen ist für Kinder ein Ereignis. Sich ins Gras legen
und in den Sternenhimmel schauen! Und dann fängt kind langsam an, die
ersten Himmelsbilder zu sehen und ihre Namen zu hören, und das Interesse
an ein wenig Astronomie ist da. „Mein erstes Kosmos-Buch Himmelsjahr“
beantwortet alles, was Kinder und Eltern zunächst wissen möchten. Der
Leitfaden ist: Wo findet man einen Stern zu welcher Jahreszeit? Eine
Reise durch das Jahr, Monat für Monat, treten die kleinen Astronomen an.
Mit den jeweiligen Himmelskarten, die sich verändern und sich doch um
ein Zentrum drehen – hochspannende Fragen tun sich auf. Das, was
vorgestellt wird (und auch immer die Extra-Themen wie „Sternschnuppen“),
kann man nach dem Lesen sehen und leibhaftig erfahren; die Auswahl in
dem Büchlein ist sehr gut getroffen.
Mit ein bisschen
Übung! Das Büchlein, handlich, mit praktischem, abwaschbarem
Schutzumschlag, ist richtig etwas zum Mitnehmen und mal kurz, auch
wenn’s den Blick in den Himmel stört (Großstadtkinder werden von den
Autoren übrigens berücksichtigt), Taschenlampe an und nachgucken, ob man
auch alle Sterne richtig benennt. In einer Zeit, in der es common sense
ist, dass Eltern keine Zeit mehr für ihre Kinder haben sollen, muss ein
solches Buch auch für das auf sich gestellte Kind funktionieren (auch
wenn dann in der Dunkelheit der Blick aus dem Fenster genügen muss).
Auch das tut es. Man muss kein Astrophysik-As sein, um sich in diesem „Himmelsjahr“-Buch
zurechtzufinden.
Das einzige, was
wirklich schade ist und unverständlich: Dass in der Einführung
klugerweise darauf hingewiesen wird, dass man sich an den großen
Sternenbilder zu orientieren habe, dann aber fehlen genau diese
Sternenbilder in den Karten zu den jeweiligen Monaten. Die Ausschnitte
aus dem südlichen Sternenhimmel sind immer kurz unterhalb der
Orientierungspunkte abgeschnitten. Warum? Wie kann das sein? Warum wurde
hier an falscher Stelle Platz gespart?
Doch das ist die
allereinzige Kritik. Das "Himmelsjahr"-Buch trägt sein Thema zum kleinen
Leser, weckt dessen Neugier und macht richtig schlau.
Begeisterung, die
ansteckt, Sachwissen, das überzeugt
Helmut Hornung:
"Streifzüge durch das All"
Von Anne Spitzner
Helmut
Hornung
„Streifzüge durch das All“
dtv 2008
320 S., Euro 12,95
ISBN: 978-3423623704
In seinem Buch „Streifzüge durch das
All“ stellt der Autor Helmut Hornung den jungen Lesern den Kosmos vor.
Das tut er auf eine Weise, die einem zugleich das Wissen in den Kopf
stopft, die aber trotzdem so süchtig macht, dass man kaum noch mit dem
Lesen aufhören kann – und das will bei einem Sachbuch ja wahrhaftig
etwas heißen!
Man merkt Hornung das Staunen über
den Kosmos bei jedem einzelnen Satz an, und dieses Staunen und diese
Begeisterung überträgt er mühelos auf den Leser. Sie ist so ansteckend,
dass sogar ich, obwohl ich mich nie für Sternguckerei interessiert habe,
mit den im Buch enthaltenen kleinen Orientierungskärtchen im Garten
stand und nach den dort verzeichneten Sternen, Sternbildern und Galaxien
gesucht habe. Das Buch enthält aber nicht nur Berichte über das Leben
und Sterben von Sternen, über die Geschichte des Kosmos und die Beschreibung
der Planeten unseres Sonnensystems, sondern auch zum Beispiel die
Geschichte der Namen, die die Sterne haben – sie sind ja zumeist auf
mythologische Gestalten zurückzuführen, die mit ihnen in Verbindung
gebracht wurden.
Außerdem bietet „Streifzüge durch
das All“ viele praktische Tipps für junge Sterngucker (und solche, die
es werden wollen). Vom Kauf eines richtigen Fernglases über eine
Erklärung der Funktionsweise eines Teleskops bis hin zu den eben
erwähnten Sternkarten, von Adressen über Buchtipps bis hin zu
Zeitschriften und Internetadressen ist hier alles dabei. Es fehlt nicht
an atemberaubend schönen Bildern aus der Tiefe des Weltalls, auch aus
dem eigenen Fundus des Autors. Allein sie machen das Buch schon
sehenswert, sind aber bei weitem nicht das Tollste daran.
Denn das Tollste an dem Buch ist in meinen Augen
der leichtfüßige Stil Helmut Hornungs, der von Planet zu Planet, von
Wissenshappen zu Wissenshappen hüpft und doch nie belehrend oder gar
besserwisserisch erscheint. Von den vielen Fremdwörtern, die man nun mal
verwenden muss, wenn man ein wissenschaftliches Thema einigermaßen
seriös erklären möchte, benutzt er nie zu viele auf einmal, und er
verwendet sie immer nur in Verbindung mit präzisen und gleichzeitig
leicht verständlichen Erklärungen.
Es gibt wohl nicht viele
Sachbuchautoren, die ein derartiges Buch hätten schreiben können – es
ist einer der seltenen Fälle, in denen ein anspruchsvolles Sachbuch auch
für Laien verständlich ist – und spannend ist es auch noch. „Streifzüge
durch das All“ hat einen riesigen Hochdaumen verdient und ist ein
Supertipp für alle, die schon immer mal wissen wollten, wie unser Kosmos
außerhalb der Erdatmosphäre aussieht.