Lexikon der Dinosaurier und anderer Tiere der
Urzeit
Dorling
Kindersley Verlag
376 Seiten, Euro 19,95
ISBN
978-3831019588
Das neue „Lexikon für
Dinosaurier und andere Tiere der Urzeit“ erhebt den Anspruch, in leicht
verständlichen Texten tausende Fakten über Tiere der Urzeit zu
vermitteln. Hierbei geht das Lexikon von Wirbellosen über Dinosaurier,
Vögel, Fische und Säugetiere über alle Zeitalter hinweg, die es bisher
auf der Erde gegeben hat (bis auf die Neuzeit, aber es geht ja auch um
Tiere der Urzeit).
Prinzipiell gibt es auf jeder
Doppelseite ein großes Bild von einem Tier zu sehen, das in irgendeiner
Weise besonders ist – sei es besonders groß, besonders fremdartig oder
der Vorfahr einer besonderen Tiergruppe. Auf dieses Tier verweist nun
eine Reihe von Bildbeschriftungen, am Rand gibt es weitere Textboxen zu
verwandten Arten oder interessanten Fakten. Diese Idee ist nicht neu,
aber schön, und im Großen und Ganzen ist sie auch sehr gut umgesetzt.
Es sind jedoch die Details,
die ins Auge fallen – kleine Details, die mir nur aufgefallen sind, weil
ich mich während meines Studiums intensiv mit dem Thema beschäftigt
habe. Es soll nicht der Eindruck entstehen, es wären viele Fehler im
Lexikon enthalten, aber ein paar sind es schon. Beispielsweise wird
einer Pflanzenzelle plötzlich ein Fortbewegungsorgan angedichtet, oder
Fische, die sich von Aas ernähren, werden als Parasiten dargestellt.
Auch werden Fachbegriffe manchmal nicht hundertprozentig korrekt
verwendet oder Namen nicht übersetzt, zu denen es eine logische
Übersetzung gibt (obwohl es in der Einleitung angekündigt wird). Das
meiste ist aber richtig, und die wichtigen Dinge stimmen in jedem Fall.
Gut ist vor allem die Evolution erklärt; in diesem Bereich gibt es ja
oft weniger gute Beschreibungen und pseudo-wissenschaftliche
Erklärungen, wie Evolution „funktioniert“, doch im Dinosaurier-Lexikon
ist die Evolution korrekt und trotzdem verständlich dargestellt.
Die bunte Darstellung ist
besonders für die angegebene Zielgruppe von 8 bis 14 Jahren sehr
anschaulich, doch leider gibt es auch hier etwas zu bemängeln: Teilweise
sind die Bildbeschriftungen aufgrund des dunklen Hintergrunds nur
schlecht lesbar. Außerdem ist es trotz der Striche manchmal schwer
zuzuordnen, zu welchem Bild welche Beschriftung gehört, denn es sind oft
mehrere Bilder auf einer Seite, und die Texte zu den Bildern sind nicht
immer klar zugeordnet. Meistens kann man es aber erkennen, und in den
wenigen Fällen versteht man dann gleich, dass man die Beschriftung zum
falschen Bild liest. Auf den Steckbriefen der einzelnen Tiere sind diese
im Vergleich zur Körpergröße eines Menschen bzw. einer menschlichen Hand
dargestellt; diese Größenvergleiche sind manchmal etwas merkwürdig, wenn
ein Tier, das 8 m lang sein soll, auf dem Steckbrief plötzlich nur
doppelt so lang ist wie ein Mensch hoch.
Apropos merkwürdig: Diese
Bezeichnung, genauso wie die Worte „seltsam“ oder „komisch“ werden
häufig verwendet, um Tiere zu charakterisieren, die heute keine lebende
Entsprechung mehr haben. Dadurch entsteht jedoch der Eindruck, diese
Tiere seien irgendwelche Freaks, die es nicht geschafft haben, in die
heutige Zeit zu kommen. Wie gesagt wurde die Evolution korrekt
dargestellt, doch dies wird anscheinend nicht bis ins letzte Detail
durchgezogen. Auch andere Arten, die uns heute weniger „seltsam“
vorkommen, sind im Prozess der Evolution ausgestorben.
Besonders aufgefallen ist in
dieser Beziehung der Teil über die Frühmenschen. Es ist heute eine
anerkannte Tatsache, dass der Neandertaler kein „tumber Höhlenmensch“
war, sondern die Fähigkeit besaß, seine Taten zu planen, ein geschickter
Jäger war und Techniken beherrschte, die denen des modernen Menschen nur
in wenigen Hinsichten nachstanden. Trotzdem wird in diesem Buch der
gegenteilige Eindruck erweckt. Wörtlich heißt es, die Neandertaler
„hinterließen keine Hinweise darauf, dass sie ihr Handeln
vorausplanten“. Das ist schlichtweg falsch, und es gibt einige
Abschnitte in diesem Bereich, die ins selbe Horn stoßen.
Auch die Lebensweise des
modernen Menschen wird vollkommen unkritisch betrachtet. In einem
Abschnitt heißt es, Menschen „traten auf und begannen auf die
Artenvielfalt großer Säugetiere Einfluss zu nehmen“ – das ist eine sehr
schöne Formulierung für „begannen gleich damit, andere Tiere
auszurotten“! Hier hätte man ruhig ein wenig drastischer schreiben
können – immerhin sind wir Menschen auch mitverantwortlich für das
Aussterben der Mammuts. Später kommen dann wenigstens noch einige Arten,
die wir im Laufe unserer Evolution ausgerottet haben.
Das Problem dabei ist, dass es
die Zielgruppe an manchen Stellen ein wenig überfordern könnte. Kinder
interessieren sich unglaublich für Dinosaurier, doch meistens können sie
mit vielen anderen biologischen Inhalten wenig anfangen. Wenn die dann
nur angeschnitten werden, ist das ohne weitere Erklärung nicht
hilfreich. Hier werden viele richtige Dinge gesagt, aber nicht, wie sie
zustande kommen, und dadurch werden sie falsch dargestellt. Entweder
sollte man die einzelnen Dinge genauer ausführen oder ganz weglassen.
Zusammenfassend lässt sich
also sagen: Das „Lexikon der Dinosaurier und anderer Tiere der Urzeit“
ist ein weiteres, schön bebildertes Urzeitbuch, das interessante Texte
enthält, jedoch nicht in allen Punkten korrekt ist. Insgesamt überwiegen
jedoch die vielen spannenden, wirklich gut geschriebenen Texte die
kleinen inhaltlichen Fehler. Und die Bilder sind wirklich großartig
anzuschauen.