Die Geschichte der Skelette oder warum alle mit
allen verwandt sind
Jean-Baptiste de Panafieu, Patrick Gries: “Die
Geschichte der Skelette“
Von Anne Spitzner
Die
Geschichte der Skelette
Knesebeck,
2012
EUR 24,95,
44 Seiten
ISBN
978-3868735222
„Die Geschichte der Skelette“ ist ein reich
illustriertes Buch mit vielen Ausklappelementen, das die Unterschiede
und Gemeinsamkeiten zwischen den Skeletten der Tiere aufzeigt und so
ihre Anpassungen an unterschiedlichste Lebensbedingungen
veranschaulicht.
Es ist eine großartige Idee, ein solches Buch zu
machen, denn meistens kennt man nur Bilder von Tieren, die in Gänze zu
sehen sind und weniger als Skelette, wodurch es schwieriger wird, z.B.
Gemeinsamkeiten zwischen Delfinen und Kühen zu erkennen, die aber anhand
ihrer Skelettanatomie relativ leicht als Verwandte zu identifizieren
sind. Auch die Ausklappelemente sind sehr gut gemacht, mit Fragen
versehen, die anhand der Texte auf der vorigen Seite schon beantwortbar
sind, aber beim Aufklappen dann auch noch beantwortet und begründet
werden, und es gibt zusätzliches Wissen, das man unter der Klappe
erfährt. Andere Ausklappelemente beinhalten Verwandtschaftsreihen von
Tieren, entweder in einer kontinuierlichen Entwicklung wie
beispielsweise beim Flughund oder aber miteinander verwandte Tiere wie
der Mensch und verschiedene Affenarten. Hier wird auch explizit darauf
hingewiesen, wie die Evolution stattgefunden hat, und – was bei Büchern,
die Evolution für jüngere Leser thematisieren, höchst selten ist – sie
wird korrekt erklärt. Beim Flughund bedeutet das etwa, dass hier
geschrieben wird, zufälligerweise habe einer der Vorfahren längere Arme
gehabt, die sich dann in der Entwicklung durchsetzten. Im gesamten Buch
wird sehr viel Wert auf korrekte Darstellung der Evolution gelegt, und
es gelingt wunderbar, die Evolution sowohl spannend als auch richtig zu
erklären.
Problematisch ist dabei allerdings, dass teilweise
deutlich zu viel Wissen vorausgesetzt wird. Ohne Vorankündigung oder
Erklärung ist beispielsweise die Rede von DNA, und es werden einige
Fachbegriffe verwendet, die nicht erklärt werden. Ein Glossar oder
ähnliches wäre hier noch wünschenswert gewesen. Auch fehlen mir
persönlich Bilder von Tieren in ihrem natürlichen Erscheinungsbild, denn
zwar wissen wohl die meisten Menschen, ob Kind oder nicht, wie eine Kuh
oder ein Delfin aussieht, jedoch mit Riesenokapis, Ibissen oder
Sägebarschen können viele wahrscheinlich nicht allzu viel anfangen.
Sicherlich weckt es vielleicht die Neugier der Leser und führt dazu,
dass diese sich selbst ein Bild von einem Okapi etc. suchen, aber
andererseits fehlt einfach etwas, wenn nur das Skelett der Tiere
dargestellt wird.
Insgesamt jedoch beeindruckt „Die Geschichte der
Skelette“ sowohl durch die wunderschönen Illustrationen als auch mit
stimmigen Texten. Durch die aufwändige Machart rechtfertigt sich auch
der Ladenpreis von 24,95 €. Dieses Buch ist ein echtes Erlebnis zum
Lesen, Ansehen, Blättern, Klappen und Nachdenken, bei dem man viel lernt
und entdeckt!
„Die
Urzeit“, herausgegeben vom Verlag Doring Kindersley, ist eine über 500
Seiten umfassende Enzyklopädie über die Erde und ihre Bewohner, wie sie
vor unserer Zeit waren. Das zweieinhalb Kilo schwere Buch erzählt die
Geschichte von der Entstehung und der Entwicklung des Lebens. Dies tut
es überzeugend und fachlich richtig und – was noch viel wichtiger ist –
auf verständliche Art und Weise. Jeder, der das Buch ansieht, ob nun
vorgebildet oder nicht, kann die Texte verstehen. Und über die teilweise
skurrilen Bilder von Lebewesen, die man ausgegraben und rekonstruiert
hat, kann man ohnehin nur staunen.
„Die Urzeit“
beginnt mit der frühen Erde; ihre Entstehung und die unbelebten
Jahrmilliarden danach werden relativ schnell abgehandelt, was aber auch
nicht weiter schlimm ist, denn alles Spannende wird gesagt. Weiter geht
es mit dem Leben auf der Erde, wie man sich seine Entstehung vorstellt –
glücklicherweise mit dem Zusatz, dass das noch nicht endgültig geklärt
werden konnte -, welche ersten Spuren von Lebewesen man auf der Erde
gefunden hat und wie sich das Leben weiterentwickelt hat. Die Lebewesen
werden eingeordnet in das jeweilige Zeitalter, in dem sie gelebt haben,
also z.B. Tyrannosaurus rex in der Kreidezeit des Mesozoikums, des
sogenannten Erdmittelalters. Besonders eindrucksvolle, schöne oder
wichtige Lebewesen werden auf einzelnen Doppelseiten vorgestellt oder
groß abgedruckt, und es gibt zu jedem Lebewesen einen Maßstab, wie groß
es tatsächlich gewesen ist. Hierzu werden die Körpergröße eines Menschen
und bei kleineren Arten die Größe einer menschlichen Hand oder eines
menschlichen Daumens verwendet, sodass man es sich gut vorstellen kann,
wenn man z.B. die Hand neben das Bild hält.
Ein relativ
kleines Kapitel zum Schluss beschäftigt sich mit der Entwicklung des
Menschen aus affenähnlichen Vorfahren. Auch hier wird gut dargestellt,
dass man aufgrund der geringen Menge an Fossilien eigentlich nur
ungesicherte Aussagen über die menschliche Entwicklung machen kann – wie
auch über die Entwicklung aller anderen Lebewesen, von Ausnahmen einmal
abgesehen.
Es wäre ja
nahezu unheimlich, wenn ein derartig dickes Buch nicht auch das ein oder
andere kleine Manko enthalten würde. Es gibt ein paar Rechtschreibfehler
und auch einige Stellen, an denen man deutlich merkt, dass das Buch aus
dem Englischen übersetzt wurde (die entsprechenden Sätze lesen sich
„eingedeutscht“ ein wenig seltsam). Zwei Mal ist mir aufgefallen, dass
ein Absatz einfach so im Nichts endet. Aber gemessen an dem wahrhaft
gigantischen Umfang des Buches sind ein paar Rechtschreibfehler ja
eigentlich nichts.
Insgesamt
ist das Buch also für jeden Urzeitfan sehr zu empfehlen (auch für
solche, die noch Urzeitfans werden möchten) und dank der vielen Bilder,
der hochwertigen Texte und der liebevollen Gestaltung seinen Preis mehr
als wert: Ein Muss nicht nur für Urzeitforscher!
Von
einem, der auszog, die Welt zu verstehen und bis zum Abendessen wieder
zurück sein wollte – Aufzeichnungen über die Entstehung der Welt
Von Steffen
Wunder
Gerd
Schneider: "Von einem, der auszog, die Welt zu verstehen und bis zum
Abendessen wieder zurück sein wollte – Aufzeichnungen über die
Entstehung der Welt"
Arena
Verlag, EUR 22,00
Gebunden,
238 S.
ISBN
978-3401064130
Wie lange
hat es gedauert, bis die Welt entstanden ist? Wie funktioniert sie mit
all ihren Gesetzen? Wie haben wir Menschen uns entwickelt? Wie sind wir
und unsere Umwelt aufgebaut? All das sind Fragen, die in diesem
wissenschaftlich geprägten, aber dennoch mit eigenen Ideen
angereicherten Buch beantwortet werden. ‚Wissenschaftlich geprägt‘ ist
in diesem Fall ein sehr weitläufiger Begriff, denn das Werk befasst sich
neben der Erdgeschichte mit Physik, Chemie, Biologie und am Rande auch
mit Religion, geschichtlichen Ereignissen und Science-Fiction-Literatur.
Wer es liest, dem wird klar, dass ein Abstecher in all diese Bereiche
notwendig ist, um die Zusammenhänge des Lebens zu verstehen. Doch
zunächst klingt das alles stark nach grauer Theorie. Aber zum Ausgleich
gibt es ein paar eigene Einfälle wie den Menschenroboter XaphoX, der
durch die Zeiten reisen und Bilder der urzeitlichen Gebiete senden kann,
später das Raumschiff Hermes leitet und dabei sämtliche berühmte
Wissenschaftler interviewt. Was ist das Ergebnis dieses vielschichtigen
und reichhaltigen Sachbuchs?
Die ersten
drei Kapitel handeln von der Entstehung der Erde. Doch diese Aussage ist
nicht ganz richtig, denn das erste Kapitel beginnt weit vor der „Geburt“
unseres Planeten. Es wird ausführlich erklärt, wie das Weltall
funktioniert, zum Beispiel wie Sterne entstehen, welche Kräfte wirken
oder was ein Atom ist. Dann erfährt man, wie aus Gas und Staub unsere
Erde entstand und wie sie sich über Hunderte Millionen Jahre so
veränderte, dass sich Leben auf ihr bilden konnte. Erste einfache
Lebensformen entwickelten sich. Natürlich wird zunächst geklärt, was
Leben überhaupt ist. Erst im zweiten Kapitel erfährt man, wie sich
Mehrzeller zu höheren Tierstämmen entwickelten, die das Meer verließen.
So kam es, dass Dinosaurier die Urwelt bevölkerten, bis sie auf
unerklärliche Weise ausstarben. Nur kleinere Säugetiere wie Mäuse
überlebten. Die Evolution wird im dritten Kapitel weiterhin verfolgt.
Theorien von Wissenschaftlern wie Darwin und Lamarck werden
hinzugezogen. Schwerpunkt liegt in diesem Kapitel auf der Entwicklung
des Menschen. Aus frühen affenähnlichen Primaten entwickelten sich
unterschiedliche Menschenarten, von welchen nur der Homo sapiens
überlebte. Von ihm stammen alle heute lebenden Menschen ab. Ein
Pluspunkt an diesen drei Kapiteln ist, dass hier die Entstehung der Erde
auf ein Jahr umgerechnet und somit veranschaulicht wird. So erstaunt es,
dass die Menschheit (inklusive ihrer affenähnlichen Vorformen) bei
dieser Umrechnung gerade einmal einen Tag einnimmt.
Besonders
physikalisch wird es im vierten Kapitel. Was ist die Natur der Dinge?
Wie funktioniert unsere Galaxie? Zunächst geht es hauptsächlich um
Astrophysik, darum, wie unser Sonnensystem aussieht und was die
Planetenbewegungen auslöst. Verschiedene Theorien von der Antike bis
Einstein werden vorgestellt. Bald wird man hierbei auf den Begriff der
Schwerkraft treffen. Doch damit ist das Rätsel nicht gelöst. Um die Welt
von dieser Seite zu verstehen, braucht es noch einige fiktive Gespräche
mit und unter Physikern wie Isaac Newton oder Albert Einstein. Im
fünften Kapitel wird ein Ereignis genauer untersucht: Der Urknall. Auch
hier muss einiges über das Weltall erklärt und Begriffe wie Schwarze
Löcher erläutert werden. Phase für Phase wird die Entstehung der Welt
unter Berücksichtigung der Physik dargelegt. In diesem Kapitel gehen die
fiktiven Interviews weiter, unter anderem mit dem amerikanischen
Astronomen Edwin Powell Hubble. Neben wissenschaftlichen Aspekten wird
hier erwähnt, inwiefern diese in die Science-Fiction-Literatur und
-Filme Eingang gefunden haben. Im sechsten Kapitel geht es um die Atome,
eine mögliche Grundlage allen Ursprungs. Wenn die Reise eines Atoms
erklärt wird, wird sowohl in die Alchemie als auch in die Chemie ein
Abstecher gemacht.
Dies ist nur
eine grobe Übersicht der Themen, die in diesem Buch behandelt werden und
trotz ihrer Vielfalt alle zusammenhängen. Es ist selbst für Laien
erstaunlich, wie interessant Chemie, Physik, Mathematik und andere
wissenschaftliche Themen sein können. Und natürlich kann sich niemand
beschweren, dass es ihm nach der Lektüre an Informationen fehlt, zumal
es sich nicht um ein wissenschaftliches Buch, sondern um ein
anspruchsvolles Sachbuch zu wissenschaftlichen Themen handelt.
Überflüssige Informationen gibt es in diesem Buch nicht. Alle Bereiche
passen gut zusammen und sind sinnvoll geordnet, auch wenn manche Aspekte
mehrmals angesprochen werden. Da das Buch nicht strikt chronologisch
aufgebaut ist, lässt sich dies jedoch nicht vermeiden. Im Gegenteil,
durch die Wiederholung in einem anderen Zusammenhang werden manche
Aspekte erst klar. Wirklich überflüssig sind dagegen die Zeitreise des
Menschenroboters XaphoX und die Szenen auf der Hermes. Sie sind weder
witzig, noch spannend und halten den Fluss der sachlichen Texte auf. Die
Gesprächen mit den realen Personen sollen vermutlich den Stoff auf
anschauliche Weise vermitteln. Doch nachdem auch dabei nur trockene
Informationen in Frage-Antwort-Form wiedergegeben werden, hätte man auf
diese außergewöhnliche Verpackung verzichten und sie besser in einem
anschaulichen Sachtext an den Leser bringen können.
Ein weiteres
Problem dieses Buchs ist die Sprache. Diese ist nicht gerade
leserfreundlich, da sie gelegentlich zu lange, komplizierte Sätze und
viele Fachbegriffe enthält. Diese werden zwar immer erklärt, sind aber
nach einmaligem Durchlesen nicht jedem klar. Der Autor hat sich
vermutlich ein zu hohes Ziel gesetzt, denn um diese komplizierten und
sehr theoretischen Themen für interessierte Leser außerhalb des Fachs
ansprechend aufzubereiten, ist ein dickes Brett zu durchsägen. Doch es
wäre noch Raum nach oben gewesen, was Anschaulichkeit betrifft. Eine
packendere Sprache, Humor und noch mehr konkrete Vergleiche hätten
diesem Buch gut getan. Zwar ist dieses Buch ansprechender als jedes
Schulbuch geschrieben, doch gerade für Jugendliche dürfte es doch etwas
zäh sein.
Das Buch ist
gut recherchiert und gegliedert. Inhaltlich werden viele spannende und
interessante Fragen beantwortet, die nicht nur fachbegeisterte Leser
ansprechen dürften. Anstatt der Science-Fiction-artigen Zwischenhandlung
wäre dagegen eine anschaulichere und direktere Aufarbeitung der
Sachtexte sowie eine genauere Erläuterung von Fachbegriffen
leserfreundlicher und unterhaltsamer gewesen. Allerdings trösten der
trotz seiner Komplexität sehr interessante Inhalt und so manche
Überraschung über diese Schwäche hinweg.