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Schnurre 1

In finsterer, kalter Zeit familiäre Wärme

Wolfdietrich Schnurres „Als Vaters Bart noch rot war“

Von Alexandra Hillenbrand

 

Wolfdietrich Schnurre:

„Als Vaters Bart noch rot war“

Band 1

Aufbau 2008

318 S., Euro 9,90

ISBN 978-3833305702

 

 

 

Schon 1958 sind die Vater-Sohn-Geschichten von Wolfgang Schnurre (1920-1989) zum ersten Mal erschienen. Nun hat der Berliner Taschenbuch Verlag sich den Kurzgeschichten des bekannten Erzählers und Lyrikers angenommen. Das Ergebnis ist ein handliches Buch mit Kurzgeschichten aus dem Leben von Vater Otto und Sohn Bruno.

Bruno erzählt den Lesern Geschichten aus seiner Kindheit, die in die 1920er bis 1930er Jahre fällt und geprägt ist von der Stadt Berlin und der häufigen Arbeitslosigkeit seines Vaters. In dieser zunehmend gefährlicher werdenden Zeit wächst Bruno nicht behütet, aber doch familiär geborgen auf. Sein Vater, seine Mutter und – nach der Trennung seiner Eltern – Vaters Freundin Frieda kümmern sich um ihn und möchten, dass er zufrieden ist. Die Oster-Episode zeigt dies: Vater Otto möchte seinem Sohn zu Ostern etwas schenken, hat aber weder Geld noch eine gute Idee. Bruno ist schon genervt von der Rastlosigkeit seines über ein Geschenk nachdenkenden Vaters, da er doch nur ein harmonisches Ostern erleben möchte. Doch auf einmal darf sich Bruno ein Osterei wünschen, egal wie groß und egal womit gefüllt. Vater Otto und Freundin Frieda verstecken es am Ostersonntag. Bruno sucht und sucht, findet nichts – und auch Otto und Frieda können das versteckte Ei plötzlich nicht wieder finden. Warum? Weil das Ei gar nicht existiert hat, weil das Ei nur die Phantasie beflügeln und allein damit die Familie erfreuen und immer wieder an diesen Ostersonntag erinnern sollte. Bruno bekommt eine Diskussion über das fiktive Osterei zwischen seinem Vater und Frieda mit. Zunächst ist er wütend darüber, dass sein Vater ihn angelogen hat, dann jedoch versteht er den Sinn des Ganzen und dass sein Vater ihn damit nicht verletzen wollte.

Die Ostergeschichte ist nur eine von vielen positiven, aber auch traurigen Erlebnissen von Vater und Sohn. Jede Geschichte handelt dabei von unterschiedlichen Episoden im Leben der beiden. Ob es eine skurrile Weihnachtsmarkt-Theateraktion ist, der im Verlust einer Uhr endenden Besuch einer linken Protestaktion oder der zufällige Besuch eines Pferdemarktes mit interessanten Folgen für Bruno – alle Geschichten spiegeln das liebevolle Verhältnis zwischen Vater und Sohn wider. Darüber hinaus zeigen sie einen kreativen Umgang mit Armut. Lässt sich der Leser auf die Lektüre ein, wird er zwar ungern mit dem Leben der Protagonisten tauschen wollen, allerdings wird in ihm vielleicht Respekt und Bewunderung aufsteigen. Respekt für den Umgang von Vater und Sohn miteinander, für ihre Stadt- aber gleichzeitig auch Naturverbundenheit. Bewunderung angesichts ihrer Freude über die alltäglichen Dinge und die scheinbaren Banalitäten: Wie phantasievoll sie ihr Leben trotz wenig Geld und vieler Entbehrungen gestalten. Vater Otto und Sohn Bruno sind so arm, dass sie sich zum Beispiel eines Weihnachtens keinen Weihnachtsbaum leisten können. Jedoch borgen sie sich eine Tanne aus dem Grunewald, verbringen mit dem Baum ein schönes Weihnachtsfest und pflanzen ihn danach wieder dort ein, wo sie ihn hergeholt haben – um stolz und fasziniert beobachten zu können, wie er wieder Wurzeln schlägt und weiter wächst.

Wolfgang Schnurre reiht die Geschichten aneinander. Dies mag zeitliche Unübersichtlichkeit erzeugen. Zu wissen, wann im Leben der Protagonisten ein Erlebnis spielt, ist aber im Anbetracht des Ganzen unwichtig. Was die Geschichten so lesenswert macht, ist die Einfachheit des Lebens, die sie veranschaulichen. Zwar leben auch heutzutage viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Armut, aber viele haben auch alles, was sie brauchen. Für alle – ob Arm oder Reich – sind die Geschichten, die in einer so finsteren kalten Zeit spielen, eine Ode an familiäre Wärme und die Phantasie.

(Ab 10 und zum Vorlesen) 

 

 

 

 

Schnurre 2

Ein literarisches Denkmal für Berlin

Wolfdietrich Schnurres „Als Vater sich den Bart abnahm“

Von Alexandra Hillenbrand

 

Wolfdietrich Schnurre:

„Als Vater sich den Bart abnahm“

Band 2

Aufbau 2008

186 S., Euro 8,90

ISBN 978-3833305719

 

 

 

Weitere Vater-und-Sohn-Geschichten von Wolfdietrich Schnurre (1920-1989) sind im letzten Jahr beim Berlin Verlag erschienen. Ein Nachwort seiner Frau Marina in diesem Buch macht deutlich, wie viel dem bekannten Erzähler seine Kurzgeschichten über Vater Otto und Sohn Bruno bedeuteten: Teils porträtierte der Autor Personen aus seinem Leben denkmalartig, teils schilderte er autobiographische Erlebnisse. Vor allem aber hat Wolfgang Schnurre seine persönliche intensive Beziehung zur Stadt Berlin – zu den Bezirken Pankow, Weißensee, Prenzlauer Berg und Mitte – in den Episoden verarbeitet.

Auch in diesem Taschenbuch mit Erlebnisschilderungen aus der Perspektive des jungen Brunos wird der Leser in eine von der Wirtschaftskrise und der schleichenden Machtergreifung durch die Nationalsozialisten geprägte Zeit hineinversetzt. In einer längeren Darstellung berichtet Bruno davon, wie sein Vater und er im Winter immer wieder am Landwehrkanal entlang laufen, um in Bewegung bleibend gegen die Kälte anzukämpfen. Unterwegs beginnen sie eine Krähe zu beobachten, die sie Tag für Tag lieber gewinnen und schließlich sogar vor dem bitteren Kältetod retten.

Ein zentrales Charakteristikum von Vater und Sohn ist ihre fast schon selbstlose Hilfsbereitschaft, die nicht nur in dieser Geschichte deutlich wird. Auch Herrn Zikutanskij, einem traurigen Friedhofsgärtner, möchten die beiden gerne helfen. Sie würden ihm zu seinem Geburtstag gerne eine Freude machen. Um für ein Geschenk genügend Geld zu bekommen, verkaufen sie von den Friedhofshecken abgeschnittenen Flieder – das heißt sie versuchen dies, bleiben jedoch erfolglos. Otto und Bruno haben vor lauter Eifer beim Stibitzen des Flieders nämlich vergessen, dass Sonntag und damit Ruhetag für viele Menschen ist. Der Flieder verwelkt, der Friedhofsgärtner verliert seinen Job, was Otto und Bruno natürlich unangenehm ist – wobei Herr Zikutanskij auf einmal nicht mehr traurig zu sein scheint.

Der Leser erhält in diesem Buch noch ausdrücklicher als im ersten Band die Möglichkeit, die Erlebnisse von Bruno und Otto mit geschichtlichen Ereignissen in Verbindung zu bringen. Ein unglücklicher Glaser, beispielsweise, veranlasst Vater und Sohn zu langen Diskussionen darüber, warum er denn keine Kunden mehr habe. Ob es wohl daran liege, dass er Jude sei?

Vor lauter Verzweiflung verwüstet der Glaser sogar schließlich seinen eigenen Laden – eine Nacht vor der Reichspogromnacht im Jahre 1938. Fast schon galgenhumoristisch ist da die Beobachtung Brunos, dass somit dieser Laden als einziger jüdischer Laden in der Gegend von den üblen Zerstörungen durch die antisemitischen Massen verschont geblieben sei.

Galgenhumor und Ironie machen die Geschichten so sympathisch. In diesem Band wird durch Zeitangaben am Ende jeder Geschichte außerdem noch deutlicher, wann sich welches Ereignis zuträgt. Auch wirkt die Stadt Berlin wieder sehr stark auf den Leser ein: Krähen, Landwehrkanal, Abgasgeruch.

Die Selbstlosigkeit der Protagonisten mutet im Falle Vater Ottos zwar oft verantwortungslos an, vor allem wenn man ihn als Ernährer seines Sohnes betrachtet. Aber Geld bedeutet Otto nicht so viel wie die Freiheit – das scheint sogar Bruno einzuleuchten. Vor allem angesichts der Zeit ist dies eine bemerkenswerte Einstellung, die Vater und Sohn an vielen Stellen – trotz ihrer in diesem Buch erwähnten Distanz zur Kirche – sehr christlich und barmherzig wirken lässt.

(Ab 10 und zum Vorlesen)

 

Die Rezensentin ist Mitarbeiterin der Librikon-Redaktion.

 

 

 

 

Hoch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

   
 

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