Aller Anfang ist schwer – aber nicht für Lydia Nehring. Schon im ersten Kapitel schafft sie es, die Neugier des Lesers
zu wecken. Ein Junge kommt nach einem langen Flug bei seinem Großvater
an; im fernen Mexico-Stadt. Bei der Erkundung des Hofes stößt Philo, so heißt der Junge, auf den einsamen Togo,
einen mexikanischen „Hauswichtel“, der ihn dann darauf auf eine
Zeitreise ins Reich der Azteken mit nimmt. In Tenochtitlán, der
damaligen Hauptstadt, treffen sie auf Tizoc, einen normalen aztekischer
Jungen, dessen Hund entführt wurde! Klar, dass die beiden Zeitreisenden
Tizoc helfen. Und am Ende haben sie mithilfe des höchsten Gottes der
Azteken nicht nur eine gefährliche Jagd auf den Entführer des Hundes
hinter sich, sondern sind auch noch die besten Freunde geworden. Aber
Philo kann nicht in Tizocs Zeit bleiben.
Die ganze Geschichte ist mit
schwarz-weißen Illustrationen von Joseph Schmidt-Klingenberg untermalt,
die für uns, wenn manchmal auch nur skizzenhaft, eine gute Ergänzung (z.B.
bei der aztekischen Kleidung) zum Text sind. Da
die Farben fehlen, ist trotzdem noch Fantasie gefragt, und das ist gut
so. Ab und zu sind es auch nur winzige Zeichnungen, die das Lesen
versüßen.
Überhaupt erfährt man spannendere Dinge
über das Alte (und Neue) Mexiko als im (Geschichts-)Unterricht. (Oder
wussten Sie etwa, dass man Kakaobohnen, welche damals als Zahlungsmittel
benutzt wurden, fälschen konnte?) Da ein Glossar hinten im Buch
vorhanden ist, in dem alle Informationen zu den Azteken noch einmal auf
den Punkt gebracht werden, schweift die Erzählung nicht ab, obwohl
alle Dinge, die im Glossar stehen, auch in der Geschichte vorkommen. Der
Leser wird mit kleinen Häppchen an Informationen versorgt. So wird die
Legende des „rauchenden Kriegers“ genauso interessant wie die Geschichte
von Quetzalcoatl und das sowohl für junge als auch für alte Leser.
Der Erzählstil richtet sich jedoch vor
allem an Kinder bis zur dritten Klasse, allerdings ist es wegen der
kurzen Kapitel und schwierigen aztekischen Wörter gut zum Vorlesen
geeignet.
Das Buch endet mit einer
Aussprachehilfe am Ende des Buches. Die aztekischen Wörter bleiben zwar
kleine Zungenbrecher, aber sie klingen nicht mehr ganz so komisch. Aus
Tenochtitlán wird demnach „Tenotschtitlán und Quetzalcoatl spricht man
„Kezalkoatl“ aus (das „z“ schön zischen).
(Ab 9)
Fundiert und detailreich: "Das Gold der
Azteken"
Von Andreas Drouve
Federica
de Cesco:
Das Gold der Azteken
Heyne 2007
254 S., Euro 7,95
ISBN: 978-3453400559
Tragik hängt in der Luft. Papantzin, die
Schwester von Montezuma, ahnt es in einem Traum voraus: "Ich sah das
Aztekenheer, gedemütigt und besiegt, im blutigen Schlamm versinken." Wie
das Unheil seinen Lauf nimmt und Hernando Cortez um 1520 mit Glück und
List das Reich der Azteken unterwirft, schildert Federica de Cesco in
diesem packenden Jugendroman, der sich für LeserInnen ab 12 Jahre
eignet. Die Handlungsfäden verweben sich um Tecuipo, die Tochter des
zögerlichen Aztekenherrschers Montezuma, und Prinz Guatemoc, den wahren
Thronfolger. Nichts und niemand kann ihre Liebe brechen, ihren Stolz,
ihren Widerstand. Dieses Buch ist kein klassischer Abenteuerschmöker,
der auf jeder Seite die Spannung knistern lässt. Es ist eine Story um
die Liebe in schweren Zeiten und lebendig erzählte Geschichte zugleich,
verbunden mit stimmigen Bildern und starker Sprache. De Cesco, einer der
renommiertesten deutschsprachigen Jugendbuchautorinnen, gelingt es, die
komplexen Hintergründe, die Cortez und den Seinen die Eroberung Mexikos
erleichterten, altersgerecht auszuleuchten. Treffend führt sie an
Glaubens- und Aberglaubenswelten heran, an Mythen und Riten, gibt
fundiert und detailreich Einblicke in die Gesellschaft und den Alltag
der Azteken - gerade das macht das Buch so interessant, zumal wir aus
den Geschichtsbüchern wissen, wie alles ausging. Auf der anderen Seite
richtet sich der Blick auf die Konquistadoren, ihre verblendete
Goldgier, ihre Wortbrüche, ihre Grausamkeiten bis hin zur Gefangennahme
von Montezuma und dem Fall von Tenochtitlán. Das Buch - eine echte
Empfehlung für jugendliche Leser - liegt auch als preisgünstiges
Taschenbuch vor. (Ab 12)
Showdown in der Mayastadt:
"Tzapalil"
Von Andreas Drouve
Andreas
Gößling:
Tzapalil. Im Bann des Jaguars
Arena Verlag 2007
304 S., 7,50.-
ISBN-13:
9783401029689
Magische Stätten einer alten Kultur, dubiose Deals im Dschungel, ein mysteriöser
Hintermann, starke Identifikationsfiguren - Andreas Gößling hat in seinen
Jugendbuchthriller nur die besten Zutaten gepackt. Im Mittelpunkt steht die
junge Carmen, Tochter einer Archäologin und eines Ingenieurs, die unversehens
aus ihrem Münchner Alltag gerissen wird. Ihre Eltern erhalten einen Auftrag in
Mittelamerika, die Reise ins Ungewisse beginnt. Ziel ist Guatemala, doch zum
Einleben bleibt kaum Zeit. Während ihr Vater bei seinem Kraftwerkprojekt
unerreichbar bleibt, überschlagen sich die Ereignisse. Carmens Mutter, mit den
Ausgrabungen einer versunkenen Mayastadt beschäftigt und auf nebulöse Weise zu
wertvollen archäologischen Stücken gekommen, wird mit ihrem Zulieferer Gomez von
einer Handvoll Unbekannter in den Urwald entführt. Zusammen mit Gomez' Sohn
Pedro bricht Carmen zu einer abenteuerlichen Suche auf. Wem sie trauen können
und wem nicht, bleibt ihnen zunächst verborgen. Zu Fuß und per Boot erreichen
sie auf verschlungenen Wegen die geheimnisvolle Stadt Tzapalil, die mit einem
künstlichen Pflanzennetz bedeckt ist. Dort lebt die alte Kultur mit all ihren
Traditionen und blutigen Riten im Hier und Heute fort - und plötzlich sitzen
Carmen und Pedro in der Falle. Nun droht den beiden ein scheinbar unabwendbares
Schicksal. Wie es ausgeht, sei natürlich nicht verraten. Nur soviel: Der
Showdown in Tzapalil ist spektakulär.
Der packende Lesestoff liegt als Taschenbuch vor und eignet sich nicht nur für
Leser ab 12 Jahre, sondern auch für Erwachsene. Dabei hält nicht nur der
Spannungsbogen in Atem. Kenntnisreich verwebt Gößling die Mayariten der
Vergangenheit mit der Gegenwart, lässt die Schwüle des Urwalds greifbar werden,
wechselt über die Hauptfiguren Carmen und Pedro die Blickwinkel aus europäischer
und guatemaltekischer Sicht. Da geht es um Jaguarpriester und Menschenopfer, um
Götterverehrung und Schamanismus, um Tempel und heilige Zwillinge. (ab 12)
Gute Ergänzung zum Thema ist ein Sachbuch aus der Reihe "Sehen - Staunen -
Wissen" aus dem Hildesheimer Gerstenberg-Verlag, mittlerweile in fünfter
Auflage: "Azteken, Inka, Maya". Treffend leuchten Elizabeth Baquedano (Text) und
Michel Zabé (Fotos) darin Alltag, Religion
und Kunst der alten Kulturen aus.
Der Rezensent ist Buchautor und Journalist mit Schwerpunkt Spanien und
Lateinamerika.